Preiskrieg mit Saudi-Arabien: Nordamerika muss Vielfaches an Opfern bringen.
Öl-Leichtgewicht USA: Warum die Reserven bald ausgehen und die Politik spektakulär scheitert.
US-Shale-Industrie: Die Lüge von den Break-Even-Kosten und das böse Erwachen.
Ölpreis-Ausblick: Warum die Preise nicht länger tief bleiben können.
Jede Phase einer ultralockeren Geldpolitik durch die US-Notenbank, endete bislang im Platzen einer Blase: Ob Asienkrise (1997), Internetblase (2000) oder die Subprime-Blase in 2008/2009, die mit der Pleite von Lehman Brothers das gesamte Banken- und Finanzsystem an den Rand des Abgrunds brachte. Die Nullzins-Politik der Fed über die letzten sechs Jahre, verleitete Investoren aus aller Welt zu Risiken, die sie unter normalen Umständen vermutlich nie eingegangen wären. In Wahrheit war der so genannte Shale-Boom ein Kredit-Boom. Gemeinsam mit der Öl-Lobby, US-Politik und Mainstream-Medien, sorgten die Wallstreet-Banker für einen beispiellosen Hype, der den Ölunternehmen Fremdfinanzierungen in gigantischer Höhe ermöglichte.
In vielen US-amerikanischen Köpfen lebt die Illusion weiter, als wenn nichts wäre. Denn die Story klingt einfach zu schön, um nicht wahr sein zu können: Energieunabhängigkeit und globale amerikanische Dominanz des Ölmarktes! US-Präsident Obama sagte zweimal in einer Rede, dass die USA Erdgas für mindestens 100 Jahre und Jahrzehnte an Tight-Oil-Vorkommen zur Verfügung haben würden. Kürzlich versicherte auch der Ölkonzern BP mit der Präsentation seines 30-Jahre-Ausblicks seinen Investoren die kommende Energieunabhängigkeit der USA. „Wenn es der Präsident und der CEO von BP sagen, dann wird es wohl stimmen…“, so die verbreitete Meinung der Amerikaner. Republikaner John McCain (der über die letzten Jahre fürstlich von der Öl-Lobby entlohnt wurde), skizziert in öffentlichen Auftritten gerne das Bild von einer Öl- und Gas-Supermacht, die in der Lage ist, Vladimir Putin in die Knie zu zwingen und Saudi Arabien in der Bedeutungslosigkeit verschwinden zu lassen.
Offensichtlich basieren die Entscheidungen der US-Politik tatsächlich auf Annahmen, die nur noch mit völligem Realitätsverlust zu erklären sind.
USA sind globales Öl-Leichtgewicht
Die USA waren im letzten Jahr der weltgrößte Öl- und Gasproduzent. Was kaum jemand weiß: in Bezug auf die nachgewiesenen Reserven (Proven Reserves) sind die Vereinigten Staaten ein globales Leichtgewicht. Die U.S. Energy Information Administation (EIA) veröffentlicht in regelmäßigen Abständen die nachgewiesenen Öl- und Gasreserven. Per Ende 2013 beliefen sich die nachgewiesenen Öl-Reserven der USA auf 31 Milliarden Barrel Öl. Das entspricht gerade einmal 2,2 Prozent der globalen Reserven. Damit befinden sich die Vereinigten Staaten weltweit auf Platz 12, hinter Ländern wie Kanada, Nigeria, Libyen oder Kasachstan. Auf Platz 13, unmittelbar hinter den USA, folgt übrigens der kleine Staat Katar, mit 26 Milliarden Barrel Öl.
Interessant wird die Betrachtung der nachgewiesenen Shale-Gas und Tight Oil Proven Reserves: Denn die „Proved Reserves“, die Shale-Öl-Vorkommen, die als wirtschaftlich förderbar gelten, belaufen sich auf nur knapp 10 Milliarden Barrel. Das entspricht bei der derzeitigen Nachfrage einem US-Eigenverbrauch von weniger als 18 Monaten.
Alle in Entwicklung befindlichen Tight-Oil-Reserven (circa 18 Milliarden Barrel) reichen nur noch für etwas mehr als drei Jahre. Zum Vergleich: Die nachgewiesenen Reserven der drei Goldstaaten, Saudi Arabien, Kuwait und den Vereinigten Emiraten, belaufen sich auf 460 Milliarden Barrel. Das sind 46 Mal mehr als die U.S.-Shale-Reserven und 12 Mal mehr als die gesamten US-Ölreserven.
Die Shale-Gas-Reserven der Vereinigten Staaten reichen laut Daten der EIA mit 234 TCF (Billionen Kubikfuß) noch für etwa 8 Jahre. Damit sind die USA selbst im Vergleich zu Staaten wie dem Iran, Irak oder Libyen alles andere als eine „Öl-Supermacht“, sondern ein Öl-Leichtgewicht.
Quelle: U.S. Energy Information Administration
Fazit: Man sollte sich die Frage stellen, wie diese Daten zu Nachhaltigkeit und Menge der Vorkommen zu den Vorstellungen passen, die von US-Politik und -Medien verbreitet werden. Selbst die EIA geht inzwischen davon aus, dass die US-Produktion in 2016 ihren Gipfel erreicht und anschließend abfällt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird sich der Öl-Importbedarf zunehmend erhöhen. Vor diesem Hintergrund ist die Aufhebung des US-Exportverbots, wie es etwa Prominente wie Alan Greenspan und John McCain fordern, eine absurde Idee.
Insignifikante neue Reserven
Die Daten der EIA zeigen noch etwas mindestens genauso Besorgniserregendes: Die klägliche Hinzufügung neuer Reserven: In 2013 wurden gerade einmal neue Gas-Reserven über 16 Billionen Kubikfuß und neue Ölvorkommen über 9 Millionen Barrel entdeckt. Die neu entdeckten Reservoirs in bestehenden Feldern beliefen sich auf 170 Millionen Barrel.
Zum Vergleich: Schon ein einzelnes konventionelles Gas-Well kann in der Lage sein, 16 BCF zu produzieren. Und 170 Millionen Barrel Öl entsprechen gerade einmal 1,7 konventionellen Giant Fields. Mit anderen Worten: Es lässt sich in den Daten nichts erkennen, das den Hype um die US-Shale-Revolution mit Fakten untermauert.
Im Gegenteil: Laut Daten von Bloomberg, geht aus einer Untersuchung von 44 Unternehmen hervor, dass von den 9,7 Milliarden Barrel Öl- und Gas-Reserven, die seit 2008 verbucht wurden, mehr als die Hälfte, 5,4 Milliarden Barrrel, Bohrlöchern zugeordnet werden, die überhaupt noch nicht existieren. Sollten die Ölpreise auf diesen Niveaus bleiben, kann es leicht 10 bis 20 Jahre dauern, ehe diese Wells gebohrt werden können. Ähnlich wie beim Ölpreis-Crash in 2008, wo diese 44 Unternehmen 630 Millionen Barrel Öl aus ihren Büchern streichen mussten, werden sich auch diesmal Millionen Barrel Öl-Reserven in Luft auflösen.
„Frontalcrash“ in Zeitlupe
Auch wenn die USA in Bezug auf die nachgewiesenen Reserven ein globales Leichtgewicht sind, liegen sie mit ihrer Öl- und Gasproduktion an der Weltspitze. Und das, obwohl die Entwicklung der US-Shale-Industrie seit Ende 2014 an einen Auto-Frontalcrash erinnert, der in Zeitlupe aufgenommen wurde. Bislang wurden mehr als 100.000 Jobs in der Ölindustrie vernichtet. Die USA erleben einen beispiellosen Abfall des Rig-Counts. Seit 26 Wochen in Folge werden Bohrtürme in nie dagewesener Geschwindigkeit stillgelegt. Zum 5. Juni 2015, waren in den USA noch 642 Öl-Bohrtürme im Einsatz. Das ist der niedrigste Stand seit fast fünf Jahren. Das Allzeithoch erreichte der U.S.-Rig-Count mit 1.609 Bohrtürmen im Oktober 2014. Seitdem wurden rund 60 Prozent der Öl-Bohrtürme stillgelegt. Nichtsdestotrotz kletterte die US-Ölproduktion im März 2015 mit 9,53 Millionen Barrel Öl pro Tag auf den höchsten Stand seit 1972.
US-Ölproduktion sinkt – langsam aber sicher!
Wie kann es sein, dass die US-Ölproduktion trotz des beispiellosen Abbaus von Bohrtürmen nicht wesentlich stärker eingebrochen ist?
Zunächst ist der Rig Count ein nachlaufender Indikator. Denn vom Bohrstart eines Wells bis zur Produktion, liegt eine Zeitspanne von vier bis fünf Monaten. Sämtliche Wells, die bis Anfang 2015 fertiggestellt werden konnten, tragen somit noch etwa bis Mai/Juni zur Gesamtproduktion bei. Typischerweise erleben Shale-Wells in den ersten vier Monaten die höchste Produktion, doch anschließend beginnt der steile Abfall. Durchschnittlich schrumpft die Produktion dieser Wells bereits nach 12 Monaten um 60 bis 70 Prozent. Im dritten Jahr beläuft sich der Produktionsabfall auf erschreckende 85 Prozent. Die vermeintliche Widerstandsfähigkeit der US-Shale-Industrie ist vermutlich nur ein letztes Aufbäumen, ehe die Produktion mit zunehmender Beschleunigung abfällt. Für Juli erwartet die EIA einen Rückgang der Shale-Produktion um 93.000 Barrel auf 5,5 Millionen Barrel pro Tag. Das entspricht dem stärksten Abfall seit Beginn des Booms. Eine Rückkehr zu den Rekord-Förderraten im März, ist nahezu ausgeschlossen. Denn die schrumpfende Anzahl von Bohrtürmen, wird zwangsläufig ihren Tribut fordern.
Nehmen wir die Bakken-Formation. Die so genannten Sweet-Spots werden nach und nach ausgebohrt, gleichzeitig beläuft sich die Ölfeld-Schrumpfungsrate auf jährlich 45 Prozent. Allein um die Produktion stabil zu halten, müssen jährlich 1.500 neue Wells gebohrt werden. Gehen die Sweet-Spots aus, müssen Felsgesteine von niedrigerer Qualität gebohrt werden. Häufig ist die Qualität dieser Wells nur halb so hoch wie in den Sweet Spots. Wenn die Unternehmen auf diese Art von Plays ausweichen, müssen nicht mehr 1.500 Wells gebohrt werden, um die Produktion aufrecht zu erhalten, sondern 3.000 Wells. Doch die Kosten pro Well werden deshalb nicht günstiger. Es braucht höhere und immer höhere Ölpreise.
Die fatale „Bohr-Tretmühle“
Der Hauptgrund für die weiterhin relativ hohe Produktion ist der verzweifelte Überlebenskampf der Ölunternehmen. Jedes dieser Unternehmen ist auf Einnahmen angewiesen, um seine laufenden Kosten und den Schuldendienst bedienen zu können – koste es, was es wolle. Fällt der Schuldendienst aus, dauert es nicht lange und die Gläubiger klopfen an die Türe. Bieten die Öl-Reserven und sonstigen Assets keine ausreichenden Sicherheiten (was nirgendwo der Fall ist), kommt die Insolvenz umso schneller. Deshalb setzt jeder Produzent verzweifelt darauf, irgendwie zu überleben und an neue Kredite oder Finanzierungen zu kommen. Wogegen selbst die Saudis bislang erfolglos ankämpfen, ist das „Stupid Money“. In den ersten drei Monaten des Jahres, gelang es Shale-Unternehmen, insgesamt 16,7 Milliarden Dollar an neuen Aktien und Wandelanleihen auszugeben. Das entsprach dem höchsten Niveau seit 2010. Gleichzeitig sehen US-Banken, die im April von der Federal Reserve befragt wurden, eine wachsende Zahl von Unternehmen, die nicht mehr in der Lage sein werden, ihre Schulden zurückzuzahlen.
Doch das Wohlwollen der Geldgeber kann nicht ewig anhalten. Steigen die Renditen für Staatsanleihen, wird die Risikobereitschaft im Junk-Bond-Sektor abnehmen. Mehren sich gleichzeitig die Zahlungsausfälle und drängen die Investoren zum Ausgang, der aufgrund der geringen Liquidität zum Nadelöhr geworden ist, droht Ungemach.
Shale als „Subprime-Investment-Vehikel“
In einem seit sieben Jahren anhaltenden Nullzins-Niveau sucht der Markt verzweifelt nach Rendite-Möglichkeiten. Zumindest für die Investmentbanken war der Shale-Boom ein finanzieller Mega-Erfolg. Letztendlich wurden E&P (Exploration & Produktion) Companies zu Subprime-besicherten Investment-Vehikeln umfunktioniert. Die Junk-Bonds lockten mit Renditen von 6 Prozent bis 10 Prozent. Im Nullzins-Umfeld zugegebenermaßen ein unwiderstehlicher Anreiz. Schließlich haben die Unternehmen mit Öl ein „Hard Asset“ im Boden und produzieren ausschließlich in den USA. Einem stabilen und sicheren Land, das alles zu bieten hat, das einem Investor gefällt. Die Voraussetzung, dass die Unternehmen Geld verdienen mussten, gab es nicht. „Bohrt erst mal, und wenn das Geld ausgeht, bekommt ihr mehr davon – denn uns gefällt, was ihr macht“, so ähnlich lautete die Devise der Investmentbanker.
Laut Bloomberg, belaufen sich alleine die Schulden der 57 Unternehmen im „North America Independent Exploration & Production Index“ auf zusammen 248,5 Milliarden Dollar. Das sind 86 Prozent mehr als vor drei Jahren. Über die letzten fünf Jahre, flossen laut Bloomberg Investments über 1,4 Billionen Dollar in die Öl- und Gasindustrie, einschließlich Krediten und neuem Kapital. Man könnt es so beschreiben: Unendlich neues Kapital führte zu unendlich vielen neuen Bohrungen, die zu einer unendlichen Produktionssteigerung führten. Der Geldhahn ist abgedreht, die Party vorbei. Inzwischen sind etwa 350 Milliarden Dollar an Börsenwert im North America E&P Index“ ausradiert und die ersten Shale-Produzenten pleite. Doch das ist der Anfang.
Die große Break-Even Lüge!
Im letzten Jahr war noch von einem Break-Even-Preis von 80 Dollar die Rede. Anschließend hieß es, dass die Shale-Produzenten auch mit einem Ölpreis von 60 Dollar noch Geld machen würden. Als der Ölpreis weiter abstürzte, hieß es, dass der Großteil der Shale-Projekte mit 50 Dollar auskommen würde. Nachdem wir bei unter 50 Dollar im WTI waren, sprachen Shale-Experten von Break-Even-Preisen von 30 Dollar und sogar 20 Dollar.
Die Wahrheit ist: Tight Oil und Shale Gas Plays wurden mit Krediten, Bonds, Aktienplatzierungen und Asset Sales finanziert. Aus einer Untersuchung von Bernstein geht hervor, dass die 48 Shale-Unternehmen, die für 40 Prozent der US-Öl- und Gasproduktion stehen, im dritten Quartal 2014 im Vergleich zum Vorjahr einen negativen Cashflow von 14,2 Milliarden Dollar ausgewiesen haben. Für jeden Dollar, den diese Unternehmen eingenommen haben, haben sie circa 1,20 Dollar investiert. Negativer Cashflow bedeutet schlicht und einfach, dass die Unternehmen niemals in der Lage sind, ihre Schulden zu bedienen. Die einzige Möglichkeit besteht darin, die bestehenden Kredite mit zunehmend schlechteren Konditionen abzulösen – es ist die klassische Definition eines Schneeballsystems.
Der springende Punkt: Selbst bei Ölpreisen bei 100 Dollar, war die US-Shale-Industrie insgesamt Cashflow-Negativ. Wie sollte das Geschäftsmodell also bei Ölpreisen von unter 50 Dollar funktionieren? Die Antwort ist, dass die US-Shale-Produktion mindestens 100 Dollar benötigt, um überhaupt eine Chance auf Tragfähigkeit zu haben. Die „Lügenpropaganda“, die neuerdings Break-Even-Preise von 30 Dollar verspricht, ist nichts anderes als ein verzweifelter Versuch, noch irgendwelche Dummköpfe zu finden, die in Bonds oder Aktien der Shale-Produzenten investieren.
Ölpreis-Ausblick: Kurzfristig unter Kontrolle der OPEC
Die immer wiederkehrenden Boom & Bust-Zyklen im Öl, zeichnen sich dadurch aus, dass niedrige Ölpreise die Nachfrage beflügeln, insbesondere für Treibstoff. Die Internationale Energieagentur (IEA) erhöhte in ihrem monatlichen Report von Juni die Prognose für den Nachfragezuwachs in 2015 um 280.000 Barrel Öl pro Tag auf 1,40 Millionen Barrel Öl pro Tag. Damit beläuft sich die globale Nachfrage in diesem Jahr auf knapp 94 Millionen Barrel Öl pro Tag. Die IEA verwies ebenso auf die starke Versorgung. Die Produktion der Opec-Staaten stieg im Mai auf 31,33 Millionen Barrel pro Tag, das höchste Niveau seit August 2012. In den kommenden Monaten, so die IEA, dürfte die Produktion oberhalb von 31 Millionen Barrel pro Tag bleiben.
Im April 2015, belief sich die globale Überproduktion auf knapp über 2 Millionen Barrel Öl pro Tag, dem höchsten Stand seit drei Jahren. Die erhöhte Nachfrage nach Treibstoff in Verbindung mit dem stärker als erwarteten Abbau der US-Lagerbestände, trugen maßgeblich zur Ölpreiserholung seit dem März-Tief bei 42,40 Dollar auf aktuell rund 60 Dollar pro Barrel bei. Seit Ende April zeigt sich, dass die Ölpreis-Spekulation am Terminmarkt abflaut und die Volatilität zurückgeht. Es scheint, als ob sich der Ölpreis auf dem neuen „Ölpreis-Niveau“ der Saudis einpendelt. Dieser Preis befindet sich bei 60,00 Dollar (WTI). Es ist ein Preisniveau, das die Devisenreserven von Saudi Arabien nicht allzu rapide dahinschmelzen lässt und gleichzeitig niedrig genug ist, um die Wiederauferstehung der Shale-Produzenten zu verhindern. Langfristig benötigt Saudi Arabien Ölpreise von 90,00 Dollar bis 100,00 Dollar, um seinen Wohlfahrtsstaat zu finanzieren. Die oberste Priorität der Saudis ist jedoch die Eroberung von Marktanteilen. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die US-Shale-Industrie weiter in die Knie gezwungen werden. Noch ist die Produktion der US-Shale-Unternehmen durchschnittlich zu circa 50 Prozent über Swap-Kontrakte am Terminmarkt abgesichert. Sobald der Großteil dieser Hedging-Programme in den nächsten Quartalen ausläuft (circa bis Q1 2016), wird der Cashflow der betreffenden Unternehmen schlagartig einbrechen. Spätestens dann dürften sich die Unternehmenspleiten häufen. Ich gehe davon aus, dass die Opec unter der Führung von Saudi Arabien alle Hebel in Bewegung setzen wird, um den Ölpreis bis zu diesem Zeitpunkt auf diesem Niveau zu halten.
Ölpreis-Ausblick: Tiefe Preise starten neuen Öl-Boom-Zyklus
Keith Hill, CEO von Africa Oil und seit mehr als 30 Jahren erfolgreich im Ölbusiness tätig, sagte zur jüngsten Investor-Präsentation in Stockholm, dass es unmöglich sein wird, dass die Welt dauerhaft 94 Millionen Barrel Öl zu solch niedrigen Preisen produziert.
Alles entscheidend ist die zukünftige Produktion. Fakt ist, dass die globale konventionelle Produktion bereits seit 2005 nicht mehr steigt. Ohne den Shale-Boom in Nordamerika wäre Peak-Öl, das Erreichen des globalen Fördermaximums, bereits Realität. Wenn der Fracking-Industrie durch den Ölpreisschock die ökonomische Grundlage entzogen wird, entfällt der letzte verbliebene Wachstumstreiber der Ölversorgung. Peak-Oil sagt uns, dass die konventionelle Produktion, also das günstige, leicht förderbare Öl, Vergangenheit ist. Die einzig verbliebenen Alternativen sind Shale-Oil, Deepwater Oil und Teersand.
Das Problem: Es handelt sich um die teuersten Fördermethoden, die für die Tragfähigkeit neuer Projekte mindestens Ölpreise von 100 Dollar pro Barrel erfordern. Langfristig werden sich die Ölpreise zwangsläufig an den Break-Even-Preisen orientieren.
Hinzu kommt, dass die konventionellen Ölfelder weltweit jährlich um 3 bis 6 Prozent schrumpfen, was (je nach Statistiken/Schätzungen) einer Menge von 2 bis 4 Millionen Barrel Öl pro Tag entspricht. Mit anderen Worten: Allein um den natürlichen Produktionsrückgang aus der konventionellen Förderung auszugleichen, muss fast jedes Jahr ein neues „Shale-Wunder“ entdeckt werden oder alle drei bis vier Jahre ein neues Saudi Arabien.
Fazit
Die USA sind keine Öl-Supermacht, sondern ein Öl-Leichtgewicht.
Die Reserven reichen keine Jahrzehnte, sondern maximal drei Jahre für Öl und acht Jahre für Erdgas.
Die Shale-Industrie ist auf einem Schneeballsystem aufgebaut, das in einer Kreditkrise enden wird.
Mit dem Erreichen von Peak Oil in 2005, wird sich der Ölpreis zukünftig an den Break-Even-Preisen für die verbliebenen, teuren, und schwer zugängliche Ölressourcen orientieren, die mindestens Preise von 100 Dollar pro Barrel erfordern.