Liebe Leserinnen und Leser,
Einige Abonnenten haben uns nach der letzten Ausgabe und dem gestrigen Update eMails geschrieben, auf die wir gerne öffentlich eingehen möchten.
Das Risiko, dass es in Europa eine Bankenpleite mit entsprechender Kettenreaktion gibt, ist nach wie vor hoch. Bis letzte Woche waren wir uns jedoch relativ sicher, dass ein Großteil des Risikos bereits in den Kursen eingepreist war. Diese Einschätzung haben wir nach neusten Informationen revidiert.
Das italienische Verfassungsreferendum am 4. Dezember ist nach wie vor das größte Risiko für Bankensektor bzw. Euro und würde einen perfekten Anlass liefern, um durch eine Krise unpopuläre Maßnahmen zu ergreifen. Lehnt die Bevölkerung an diesem Tag die Verfassungsänderung ab, gibt es Neuwahlen. In diesen Neuwahlen könnte die Fünf-Sterne-Bewegung von Grillo siegen und danach einen Euro-Austritt Italiens in die Wege leiten. Schließlich ist mit dem EU-Austritt Großbritanniens die Büchse der Pandora geöffnet worden und man muss sich wenig Hoffnung machen, dass ein Erhalt der „Rest-EU“ und des Euros ohne vorherige Kollateralschäden von statten geht. Ein Austritt Italiens aus dem Euro (der wohl ohne einen Austritt aus der EU gar nicht möglich wäre), wäre angesichts der hohen Verschuldung von Italien (über 130% vom BIP sind nach Griechenland der Spitzenwert in Europa) ohne Schuldenschnitt kaum denkbar. Die Gefahr, dass dann andere Staaten folgen wollen, ist zudem latent. Alleine diese Vorstellung und Ungewissheit könnte eine entsprechende Kettenreaktion an den Märkten auslösen.
Das Dumme derzeit ist, dass eine echte Risikoeinschätzung durch die Gelddruckaktionen der EZB und der dadurch manipulierten Zinssätze nur unzureichend möglich ist.
Vor Beginn der EZB-Interventionen waren Zinsen ein wichtiger Indikator für Schieflagen und/oder Risikobewertungen. Falle diese Bewertungsgrundlagen weg, sind Fehlallokationen Tür und Tor geöffnet. In den Renditen der jeweiligen Staatsanleihen spiegeln sich Risiken kaum wider. Niemals würden zum Beispiel italienische Kurzläuferbonds negative Renditen „abwerfen“, wenn die EZB weiter dem Markt das finanzielle Schicksal des Landes überlassen würde. Während beim Fußball das alte Sprichwort gilt, „die Wahrheit liegt auf dem Platz“, kann man dies an den Börsen derzeit nicht behaupten. Viele Kurse und Preise sind Momentaufnehmen einer verzerrenden Geldpolitik. Mit der Wahrheit haben diese aber so wenig am Hut, wie Pinocchio.
Insofern könnte es sein, dass die Marktteilnehmer in den nächsten Monaten mögliche neue, „reale“ Preise in verschiedenen Assets zu finden versuchen. Auch die Bewertungen von Aktien müssen angesichts anziehender Zinsen und einem starken US-Dollar auf den Prüfstand. Insofern könnten die nächsten Wochen turbulent bleiben.
Aber: Ebenso wie niemand sagen kann, wo die Staatsanleihen der Südländer ohne die EZB notieren würden, kann auch niemand sagen, wo die Aktienkurse der europäischen Banken in einem normalen, nicht manipulierten Zinsumfeld notieren würden. Wenn gesichert wäre, dass die Eurozone NICHT auseinanderfallen würde, die Banken wieder eine Zinsmarge kassieren, welche eine nachhaltige Rückkehr zum etablierten Bankgeschäft bedeuten würde und zudem die angedachte Vergemeinschaftung der Schulden inklusive Bankenunion implementiert wäre.
Zweifelsohne würden sich Bankaktien in einem solchen Umfeld von den aktuellen Niveaus deutlich erholen und wären sehr wahrscheinlich für Monate die beste Anlageklasse.
Denn der Markt preist in den Aktienkursen der Banken schon lange ein, dass es zu einem Knall im Bankensektor kommen wird. Es fehlt eigentlich nur noch die finale Bestätigung. Doch diese wird man von Seiten der EZB und der Politik mit allen Mitteln verhindern wollen. Die Frage ist nur: Wann und wie wird man dies erreichen? Und kann man es verhindern? Wir haben uns nach wenigen Tagen mit einem Miniverlust vom Banken-ETF wieder getrennt, da es bei dieser Spekulation enorm aufs richtige Timing ankommen wird. Vom Timing her sind wir uns nicht mehr sicher und glauben, dass die Spekulation zu früh kommt.
Um es zynisch zu formulieren: Wir glauben nicht, dass unsere Politiker sich so leicht von ökonomischer Logik „blenden“ lassen und über Nacht das Ende des von Ihnen auf den Weg gebrachten „Friedensprojektes Euro“ inklusive anschließenden Bankenkollaps zulassen werden. Gerade wenn die Bail-In-Regel greifen würde, wären Volksaufstände garantiert und das Ende des Euros besiegelt. Um das zu verhindern wurden in den letzten Jahren bereits zu viele Brandmauern eingezogen (EFSF, ESM, Bankenrettungsfonds etc.). Mit dem antizyklischen Einstieg bei den europäischen Banken – der Stoxx 600 Banks-ETF umfasst nicht nur Eurozonen-Banken, sondern auch Bankaktien Europas außerhalb der Eurozone, wie zum Beispiel die HSBC aus Großbritannien – wollten wir diese „Politikerlogik“ spielen. Wir sind uns auch ziemlich sicher, dass es so ähnlich ablaufen wird.
Jedoch sind wir überzeugt, dass für die Umsetzung einer solch bedeutenden Maßnahme (inkl. Abkehr vom „Bail-In“ und Rückkehr zum „Bail-Out“, also der Rettung der Banken auf Steuerzahlerkosten), zunächst der Stresslevel deutlich erhöht sein müsste.
Große Reformen und Umwälzungen lassen sich besonders leicht in großen Krisen durchsetzen. Ein Spruch, den schon unser Finanzminister Wolfgang Schäuble in dieser Form bemühte und der in Brüssel ohnehin seit vielen Jahren Programm ist.
Deshalb verabschiedeten wir uns gestern nochmals von dieser Spekulation und versuchen es im voraussichtlich nahenden Panikmodus nochmals.
Sprich: Die antizyklische Spekulation auf die Banken ist nur aufgeschoben und nicht aufgehoben.
Bei den westlichen Notenbankern hat sich anscheinend die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass die Stimulierung der Wirtschaft über billige Kredite und Null– bzw. Negativzinsen, nicht funktioniert und lediglich zu neuen Risiken und Nebenwirkungen im Bankensektor führt. Eine Trendwende hin zu einer Bankenfreundlicheren Geldpolitik birgt jedoch ebenfalls erhebliche Risiken. Wechselkurse (zu starker USD, jüngst einbrechendes Pfund) und erschwerte Finanzierungen (Emerging Markets US-Bonds wären wieder vom Ausfall bedroht) sind neue Unsicherheiten, die dadurch geschaffen werden.
Der Versuch, sich aus der Nullzinswelt wieder zu verabschieden, dürfte nicht ohne Kollateralschäden von statten gehen. Vielleicht scheitert er gar grandios und wir sind schneller wieder bei Zinssenkungen und neuen Gelddruckprogrammen, als man denken kann.
Ein Anziehen der Zinsen in den USA, wo in der letzten Woche wichtige Widerstände nach oben genommen wurden, einhergehend mit einem stärkeren Dollar, der ebenfalls nach oben ausgebrochen ist, sowie einer schwächeren Konjunktur in China (gestern deutlich eingebrochene Exportzahlen) und der Gefahr, dass der starke USD zudem erneut in den Emerging Markets für Rezessionen sorgen könnte, haben die Gemengenlage an den Märkten eingetrübt. Zudem hängt der S&P500 an wichtigen Unterstützungen und könnte zumindest einmal die 200-Tage-Linie im Bereich 2.070 ins Visier nehmen.
Im Jahreschart des US-Dollar-Index sieht man jedoch, dass die Zone um 100 eine massive Hürde darstellt, die unserer Meinung nach nicht so schnell überwunden werden wird.
Sollte dies jedoch passieren, wäre dies ein enormes Warnsignal!
Der Markt geht zudem an der Terminbörse inzwischen zu 64% davon aus, dass die FED im Dezember die Zinsen erhöhen wird. Eine neue Höchstmarke, die sich in den steigenden Renditen und dem anziehenden US-Dollar bemerkbar macht. Inwiefern ein zu starker US-Dollar nicht nur die Emerging Markets, sondern auch die US-Wirtschaft in den Würgegriff nimmt, bleibt abzuwarten. Eine Gefahr, die zweifelsohne für 2017 auch eine US-Rezession hervorrufen könnte. Zudem ist der Aktienmarkt ebenfalls deutlich angeschlagen und Korrekturgefährdet.
Die derzeitige Ausgangslage erinnert uns ein wenig an den Sommer 2008. Auch damals kam der Goldpreis überraschend unter Druck, bevor am 15. September die Lehman-Pleite folgte. Auch damals haben die Aktienmärkte Ende 2007 noch an ihren Hochs ausgeharrt, obwohl die Warnsignale unübersehbar waren (wir starteten damals eine Serie „Warnsignale an den Märkten“; waren aber damit fast ein Jahr vor dem Crash etwas zu früh). Auch damals zog der US-Dollar deutlich an. Was passierte nach dem Lehman-Crash? Der Goldpreis konnte zunächst nicht von der Lehman-Pleite profitieren. Nein, es ging von 1.000 USD bis aufs Crashtief bei 683 USD nach unten. Warum? Damals wurde alles liquidiert, was man zu Cash machen konnte. Sollte irgendein „schwarzer Schwan“ die Märkte erschüttern, könnte dies auch heute wieder ähnlich laufen. Dies wäre dann die Zeit, wo man physisches Gold durch die Zwangsliquidationen der Papiergoldhalter erwerben sollte. Denn nach Lehman wurde vielen Investoren erstmals klar, dass Papierwerte über Nacht ausradiert werden können und die beste Zeit von Gold begann.
Beste Grüße und viel Erfolg!
Ihre Redaktion von sicheres-vermoegen.de
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