Sehr geehrte Leserinnen und Leser!
Als wir am Freitag Abend erstmals vom Militärputsch in der Türkei hörten, war der erste Gedanke: „Wenn dieser Putsch scheitert, wird Erdogan seinem Ziel, eine präsidiale, islamistische Diktatur zu verwirklichen, einen großen Schritt näher kommen.“ Denn dies ist und war das Ziel Erdogans. Er machte noch nicht einmal einen Hehl daraus, dass Hitler-Deutschland von der Staatsstruktur ein Vorbild sei.
Die türkische Armee dagegen steht in der Tradition des Staatsgründers Kemal Atatürk, der die strikte Trennung von Staat und Religion vorantrieb und den Islam aus der öffentlichen Ordnung weitgehend verdrängte. Die türkische Armee gilt seitdem als Hüter der säkularen Verfassung. Insgeheim hofften wir also, dass dieser Putsch gelingt, Erdogan vom Militär entfernt wird, Europa damit rechtzeitig vor einem zweiten, dieses Mal „türkisches, islamistisch-faschistoiden Hitler-Deutschland“ verschont wird und Neuwahlen ausgelobt werden.
Das schnell einsetzende Gerede, dass „die Demokratie“ verteidigt würde, wenn die Putschisten zurückgeschlagen würden, klang in etwa so, wie wenn jemand die Männer des 20. Juli 1944 um Stauffenberg nachträglich als „Vaterlandsverräter“ bezeichnet.
Der Putsch entpuppte sich schon am frühen Morgen als dilettantisch, was die Frage aufwirft, ob dieser inszeniert oder zumindest geduldet wurde. Dass die meisten Rekruten, die am (angeblichen) Putsch teilnahmen, dachten, sie wären auf einer großen Übung, lässt erahnen, dass diese instrumentalisiert wurden. Umso tragischer, dass einige der jungen Soldaten von Islamisten und Faschisten der „grauen Wölfe“ liquidiert wurden.
Nachdem unsere treudoofe Erdogan-treue Merkel-Regierung den Putsch verurteilte und ebenfalls vom „Sieg der Demokratie“ faselte, wachen inzwischen einige Medien auf und erkennen, dass die Türkei nun an einem ähnlich historischen Punkt steht, wie Deutschland 1933. Dieser Putsch könnte der türkische Reichstagsbrand und die nun blitzschnell erfolgten Verhaftungen von knapp 2.800 Richtern und hunderten Offizieren die entsprechende Reichskristallnacht gewesen sein.
Willkürjustiz, die Unterdrückung von ethnischen und religiösen Minderheiten (Kurden, Christen), eine Sprache, die in „WIR“ und „die anderen“ kategorisiert, erinnern frappierend an dunkelste Zeiten.
Erdogan hatte jahrelang Zeit, den Kurden mehr Autonomie einzuräumen und wie einen Vielvölkerstaat zu führen. Doch anstatt die Türkei in eine multikulturelle, offene Gesellschaft zu überführen, hat er sich islamistischen Regimen wie Saudi-Arabien angenähert und steht sogar denn Islamisten des IS (die ungehindert ihr Öl in die Türkei verkaufen durften) wesentlich näher als den Kurden im eigenen Land.
Wir zitieren aus dem Cicero-Artikel: Kein Widerstand von Demokraten. (…)
Es zeigte sich, dass es keine Menschen waren, die es überdrüssig waren, noch einen Putsch über sich ergehen zu lassen und die die Republik und die Demokratie verteidigten. Sondern es war derjenige Teil der Bevölkerung, von dem Recep Tayyip Erdoğan immer wieder sagte: „Wir halten die 50 Prozent nur mit Mühe zurück. Ein Wort, und sie sind bereit, auf die Straße zu gehen“. Nun sind sie auf die Straße gegangen – für ihren Führer. Erdoğan rief sie dazu auf. Er, der Oberbefehlshaber des Militärs, meldete sich per Facetime in einer Live-Sendung und rief die Bevölkerung dazu auf, sich gegen die Putschisten zu stellen. Diesen Appell riefen im ganzen Land auch Muezzine über die Lautsprecher der Minarette.
Erdoğans Gefolgschaft stürmte auf die Straßen. Erdoğan, der sonst Menschen, die für Demokratie demonstrierten, mit leichter Zunge als Terroristen und Gesindel bezeichnete, forderte nun selbst, dass Menschen auf die Straße gingen und die Demokratie oder das, was Erdoğan darunter versteht, gegen einen Teil des Militärs zu verteidigen. Sie folgten der Aufforderung. Sie folgten ihr mit lauthals skandierten Allahu-Akbar-Rufen und streckten ihre Zeigefinger gen Himmel als Zeichen der Islamisten. Andere formten ihre Hände zu einem Wolfskopf zum Gruß der faschistischen Grauen Wölfe. Islamisten und Faschisten als Garanten der Demokratie? Wohl kaum.“ (Cicero, 17. Juli 2018)
NATO-Bündnisfall an der Seite Erdogans? Nein, danke!
Für die Zukunft lässt dies nichts Gutes erwarten. Man stelle sich vor, die ultranationalistische, islamistische Erdogan-Türkei zündelt weiter an ihren Rändern (Syrien, Armenien) und gerät damit in Konfrontation mit Russland. Putin und Erdogan sind sich seit dem Abschuss des russischen Kampfjets im türkisch-syrischen Grenzgebiet ohnehin spinnefeind. Dass ein russisch-türkischer Konflikt den NATO-Beistandsfall auslösen könnte, wollen wir uns lieber nicht ausmalen.
Europa und die NATO sollten unter diesen Aussichten ernsthaft in Erwägung ziehen, die NATO-Mitgliedschaft der Türkei zu überprüfen. Für die Märkte war der Putsch ein Non-Event. Der nun durchgeführte „zivile Putsch“ nach dem Putsch, dürfte jedoch langfristig erhebliche, extrem negative Auswirkungen auf die Türkei haben.
Mit einem islamistisch, diktatorisch geführten „Verbündeten“ im Boot, ist Eskalation zudem vorprogrammiert.
Die Türkei erinnert 2016 fatal an Deutschland 1933. Wollen wir hoffen, dass es für die Türken nicht endet, wie für Deutschland 1945, der Rest Europas diese Entwicklung erkennt und die entsprechenden Maßnahmen dagegen ergreift.
Finger weg von Türkei-Anleihen!
Nach dem Putschversuch kündigte die Türkische Zentralbank an, „alle Maßnahmen“ zu ergreifen, um die finanzielle Stabilität des Landes zu sichern. Dazu gehöre zum Beispiel auch, den Banken notfalls „unbegrenzte Liquidität “ bereit zu stellen. Dies teilte Zentralbank am Sonntag offiziell mit. Damit ist klar, dass die schleichende Abwertung der türkischen Lira zum Euro oder US-Dollar weitergehen wird. Eine entsprechende Reaktion konnte man bereits am Wochenende an den Devisenmärkten beobachten. Die üblichen Beruhigungspillen werden ebenfalls geworfen:
Wir haben die Kontrolle. Kein Grund zur Sorge“, schrieb Ministerpräsidenten Mehmet Simsek auf Twitter. Die Regierung habe in Absprache mit der Zentralbank des Landes und des Finanzministeriums „alle erforderlichen Maßnahmen“ getroffen (was wohl übersetzt heißt, man habe selbst an den Märkten interveniert / manipuliert).
An der Istanbuler Börse hatte der ISE 100 Index zu Handelsbeginn 2,5 Prozent verloren. Notiert nun aber unverändert zum Freitag. Tourismusaktien gerieten jedoch etwas unter Druck. Touristen bleiben bereits wegen der zahlreichen Terroranschläge aus und könnten nun noch mehr abhalten werden, einen Urlaub in der Türkei zu buchen. Aus Deutscher Sicht ist Flughafenbetreiber Fraport aus dem MDax involviert, der den Touristenflughafen von Antalya betreibt. Die Risikoprämien bzw. die Verzinsung für türkische Staatsanleihen liegt inzwischen bei knapp 9%, während die vergleichbaren Deutschen 10-jährigen Bundesanleihen negativ rentieren. Die türkischen Staatspapiere haben „Ramsch“-Status und werden von Standard & Poor`s derzeit mit BB+ bei stabilem Ausblick bewertet. Da wir Anfragen zu türkischen Lira-Staatsanleihen hatten. Wir würden die Finger davon lassen.
Eine auf den ersten Blick attraktive 8-10%-Verzinsung kann durch eine entsprechende Lira-Abwertung und/oder einen Kursverfall (sollte die Lage eskalieren und beispielsweise ein Bürgerkrieg ausbrechen) sehr schnell aufgefressen werden. Auch von US-Dollar oder in Euro lautenden türkischen Staatsanleihen würden wir angesichts einer marginalen Rendite von 3-4%, welche das Risiko nicht annähernd wiederspiegelt (würden in Europa und den USA nicht massiv nach unten manipulierte Zinssätze herrschen, dann würde in diese Anleihen eine weit höhere Risikoprämie eingepreist) die Finger lassen.
Notenbanken drucken noch mehr – Aktienmärkte laufen weiter!
Der Brexit dürfte sich im Nachhinein als gute (Zu)Kaufgelegenheit am Aktienmarkt im Jahr 2016 herausstellen. Denn aller Voraussicht nach werden die Notenbanken nun noch mehr Geld locker machen und eine US-Zinserhöhung ist ebenfalls unwahrscheinlicher geworden.
Mehr als 14 Mrd. USD an Staatsanleihen notieren nun im negativen Bereich, womit insbesondere die von uns favorisierten Nahrungsmittelaktien mit stabilen und relativ hohen Dividendenrenditen immer attraktiver erscheinen. In den USA handeln mittlerweile die (hohen) Dividendenzahler deutlich stärker, als diejenigen Aktien, die zuvor das Zugpferd waren – nämlich diejenigen Gesellschaften, welche die meisten Aktien am Markt zurückkauften.
Der Ausbruch des S&P500 auf ein neues Hoch erfolgt unter hoher Skepsis, so dass dieser wohl nachhaltig sein dürfte. Dagegen dürften US-Staatsanleihen vor einer Korrektur stehen, was die zuletzt auf Rekordtiefs gefallenen Zinsen vorübergehend nach oben befördern könnte (was zudem Gold temporär noch etwas bremsen sollte).
Auch die Statistik spricht für einen nachhaltigen Ausbruch: Wenn der S&P 500 in den vergangenen Jahrzehnten nach mehr als einjähriger Seitwärtsbewegung nach oben ausgebrochen war (in den letzten 70 Jahren war dies 12 Mal der Fall), notierte der Index ein Jahr später im Durchschnitt 13,9% im Plus! Kein einziges Mal notierte der Index im Folgejahr im Minus! US-Aktien sind heute jedoch im historischen Vergleich teuer. Jedoch hinken historische Vergleiche in Zeiten von Rekordniedrigen Zinsen natürlich.
Schließlich befinden wir uns zinstechnisch in einem global nie dagewesenen Experiment. Gut zwei Drittel aller Staatsanleihen weltweit notieren unter 1% Verzinsung! Dass dann Blue Chips mit 3 oder 4% Dividendenrendite attraktiv erscheinen, muss man niemandem erzählen. Dass Aktien dann eines Tages auch Extrembewertungen annehmen können, sollte niemanden überraschen.
Auch im Vergleich zu den (internationalen) Immobilienmärkten könnten Aktien als Anlageklasse künftig besser laufen. Denn sollten die Zinsen eines Tages wieder steigen, dürften die Immopreise deutlich ins Stocken geraten. In Deutschlands Toplagen werden einige Objekte mit 2% Rendite gehandelt, was einem Aktien-KGV von 50 entspricht. Von den Liquiditätsvorteilen von Aktien gegenüber Immobilien brauchen wir nicht zu reden.
Trotzdem dürfte der Immobilienhype in Deutschland (im Vergleich zu den stagnierenden bzw. rückläufigen Immomärkten in Italien und anderer Südländer) noch ein paar Jahre anhalten – bis die Schere zwischen dem lange Zeit stiefmütterlichen Deutschen Bewertungen und den sportlichen Preisen in GB, Frankreich oder Italien geschlossen sind. Zuviel „Fluchtgeld“ fließt aus den Südländern ins vermeintlich „sichere“ und prosperierende Deutschland und dessen vergleichsweise „günstige“ und hippe Großstädte wie Berlin oder Leipzig.
Wir hatten bereits vor Jahren mal die Frage aufgeworfen, was passieren würde, wenn die Notenbanken einfach alle Schulden der Staaten aufkaufen und diese dann einfach streichen. Könnte man auf diese Art und Weise das Schuldenproblem „lösen“?
Bereits seit einigen Jahren werden die Schulden von der EZB aufgekauft. Circa ein Drittel der Deutschen Staatsanleihen sind bereits in den Büchern der Notenbank. Dies bedeutet, dass für diesen Anteil die Zinsverpflichtung quasi wegfällt.
Denn: Die EZB erhält zwar die Zinsen auf die Anleihen, reicht diese jedoch als „Gewinn“ an die jeweiligen Regierungen weiter. Ein Nullsummenspiel. Sollten alle Staatsanleihen aufgekauft sein, sind die Zinsverpflichtungen ebenso Geschichte. Deshalb könnten die Notenbanken die Zinsen durchaus wieder erhöhen. Was jedoch Sparer und Versicherungen und freuen würde, könnte die Konjunktur abwürgen. Zuerst natürlich die Immobilienmärkte. In Südeuropa gibt es für diese ohnehin wenig Belebungstendenzen. Auch in Großbritannien mussten offene Immobilienfonds schließen und gleichzeitig wurden Abwertungen vorgenommen.
Fazit: Die Anzeichen, dass Aktien (insbesondere die in Europa als „überteuert“ angesehenen US-Werte) in den kommenden 12 Monaten outperformen, sind unübersehbar. Wir sind mit KraftHeinz, Alphabet und Facebook bereits bei drei US-Aktien dabei, überlegen derzeit jedoch einen weiteren Zukauf bei technisch guter Einstiegsmöglichkeit.
S&P500 im logarithmischen Monatskerzenchart seit Ende 1996.
Betrachtet man die Crashtiefs von 2002 und 2009 (bei 700 / 800 Punkten) als langfristigen, doppelten Boden und die Hochs von 2000 und 2007/08 als Hochpunkte (um 1.570) einer großen W-Formation, dann wäre das charttechnische Kursziel für den S&P500 bei circa 2.300 bis 2.450 Punkten!
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